Sie sind so rar und deshalb so kostbar und ich liebe sie über alles. Die lauen Abende vor der Sommersonnenwende, an denen es ewig hell ist und mild und der Garten saftig grün und frisch. Das ist das kurze Zeitfenster, in dem ich das Gartenjahr anhalten möchte.
Die vollkommene Pracht in meinem Garten läutet der omnipräsente Efeu ein. Vor vielen Jahren in allen Ecken, an Zäunen und in Winkeln gepflanzt, ist er der Teppich, auf dem alles Blühende, Bunte ausgebreitet wird. Ich muss ihn natürlich ständig zähmen und ermahnen, sich nicht zu sehr in den Vordergrund zu wuchern, aber mittlerweile haben wir ein vernünftiges Arrangement getroffen, mein Efeu und ich. Seine frischen neuen Blätter schichten sich in allen Grünschattierungen übereinander und geben den Rhythmus vor.
Dazwischen schieben sich Rosen, die ihre Fächer aufspannen und sich in mein Herz blühen. Vor allem meine Marzipanröschen, denen hier schon ein melodramatisches Kapitel gewidmet ist, springen fast stündlich auf wie kleine Papierlampions. Die Pfingstrosen sind jetzt schon am Verblühen, der Regen hat ihnen heuer zugesetzt. Die zarten Hollerblüten rieseln in feinen Flocken zu Boden und übersäen den Boden mit einem weißen Schleier.
Und dann das Geißblatt. Das Geißblatt! Im aktuellen Abschnitt des Gartenjahrs reckt es seine krallenartigen Blüten in die Luft und betört ausschließlich in den Abendstunden mit seinem berauschenden Duft Nachtfalter und – mich. Französische Parfümeure versuchen das umwerfende Odeur in „Eau de Toilette Chévrefeuille“ zu versiegeln, aber diese Duftnote kann sich nur entfalten unter ganz bestimmten Bedingungen: Blue hour bei über 20°. Glaubt mir, ich beobachte das seit Jahren – kein Duft, sobald es zu kalt ist, kein Duft untertags. Wir sehen schon, das Geißblatt ist magisch und übrigens eine meiner intensivsten olfaktorischen Kindheitserinnerungen.
Die Blüte der Bauernlilien erwischt das wunderbare Juni-Zeitfenster auch noch knapp, aber da bewegen wir uns schon Richtung Mittsommer. Und das ist dann wieder eine andere Geschichte.
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